„Coraggio!“ – „Nur Mut!“
Peter Rinderer, ein junger Salesianer Don Boscos, über mutige Entscheidungen, Ratschläge eines erfahrenen Mitbruders und über seinen Lieblingsort: die Berge.
„Los! Du kannst kommen!“, ruft mir der Bergführer zu. Vor mir erhebt sich eine schräge Felsplatte, eine Schlüsselstelle auf der Westroute zur Zimba. Dieser Berg liegt im Vorarlberger Rätikongebiet und wird auch als Matterhorn Vorarlbergs bezeichnet. Als Kind blickte ich jeden Tag auf die imposanten Felsen dieses Berges. Einmal oben zu stehen, das war mein Traum. Direkt vor der schwierigsten Stelle liegt nun ein mulmiges Gefühl in meinem Bauch. Nicht nur der Puls steigt, auch die Unsicherheit. Langsam taste ich mich vor und suche nach sicheren Griffen. Ich hänge am Sicherungsseil und weiß: Es kann nichts passieren, obwohl es auf der einen Seite hunderte Meter steil nach unten abfällt. „Peter, du schaffst das!“, ruft mir mein Bruder von oben zu.
Ich Priester?
Vor zehn Jahren habe ich mich entschlossen, den Weg zum katholischen Priester zu beginnen. Ich war damals Volontär in Mexiko, engagierte mich dort in einem Jugendzentrum und dachte viel über mein Leben nach. Gründer eines Internet-Start-ups oder Priester waren für mich mögliche Zukunftsträume. Ähnlich wie auf einer Bergtour hatte ich in dieser ungewissen Lebenssituation ein starkes Sicherungsseil durch meine Familie und meinen Freundeskreis. Trotz mancher Unsicherheiten spürte ich immer klarer die innere Stimme zur Christusnachfolge als Priester. Die Freude und der Friede, die ich dabei spürte, bestätigten mich in meiner Entscheidung.
Zwei Jahre später war ich im Noviziat der Salesianer Don Boscos in Pinerolo in Norditalien. In der dynamischen internationalen Gemeinschaft lebte auch Pater Natale, der immer ein gutes Wort für uns 24 Novizen hatte. Der 90-Jährige ging häufig im angrenzenden Park spazieren und strahlte viel Weisheit aus. 30 Jahre hatte er als Missionar in China verbracht. Bei den Mahlzeiten erzählte er gerne abenteuerliche Geschichten aus seinem Leben und schloss mit einem Mut machenden Wort: „Coraggio!“ – „Nur Mut!“ Im Vorbeigehen rief er uns öfter zu: „Immer vorwärts! Ohne Angst!“
Am Sicherungsseil vorwärts
Trotz Unsicherheiten weiterzugehen, ist eine immense Herausforderung, manchmal sogar eine Überforderung. In vielen Situationen erlebe ich, wie wichtig die Seilsicherung ist, die mich festhält. Sie steht als Symbol für das, was mich trägt. Mein Sicherungsseil besteht aus tragenden menschlichen Beziehungen und der Zusage Gottes, dass er mir nah und treu ist. Dieses Vertrauen hilft mir, vorhandene Ängste wahrzunehmen und zu überwinden.
Viel Mut erforderte für mich der Schritt, nach Mexiko zu gehen, noch mehr jener zum gottgeweihten Leben. Viel Mut erfordern aber auch Alltagssituationen, die mich aus einer gewissen Komfortzone herauslocken. Immer wieder denke ich mir in der Tagesreflexion: „Hätte ich doch dieses und jenes getan!“ oder „Warum war ich in dieser Situation nicht mutiger?“ Zugleich habe ich oft die Erfahrung gemacht: Der Mut zum ersten Schritt ermöglicht neue Chancen und Wege.
Br. Peter Rinderer SDB
Zur Person:
Peter Rinderer ist Salesianer Don Boscos und im letzten Semester des Theologiestudiums. Anschließend sind die Diakonen- und Priesterweihe vorgesehen.