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Portraits | Zeugnisse

Von Kalkutta bis Drasenhofen

 

Acht Gemeinden, ein Pfarrer: Richard Hansl ist der jüngste Pfarrer im Weinviertel – und zugleich ein weit- und viel gereister Geistlicher.

 

Ein Freitagnachmittag im Herbst. Im Hintergrund Radioklänge. Das „Harlekin“ in Mistelbach ist nicht irgendein Café, sondern laut den Gästen eines der beliebtesten der Gegend. Für Pfarrer Richard Hansl ist es ein Ort, wo er sich ausrasten kann. „Ein kräftiger Espresso ist genau das Meine“, strahlt er, „das ist mein Elixier.“

 

Hansl ist ein Spätberufener: Nach der Matura studierte der gebürtige Oberösterreicher einige Jahre Betriebswirtschaftslehre an der WU-Wien. Da er in dieser Zeit die Welt entdecken wollte, unternahm er unzählige Reisen, etwa nach Kalkutta in Asien und Südamerika. Dort begegnete er wunderbaren Menschen, die ihn tief beeindruckten – vor allem in den Armutsvierteln. Als er im Zuge einer Reise in einer spanischen Kirche den Rosenkranz betete, spürte er auf einmal die Präsenz Gottes. „Das war der Knackpunkt“, erinnert er sich heute an dieses prägende Erlebnis. Zurück in Österreich, wollte er sein Leben ändern. Er hängte seinen Job im Bundeskanzleramt an den Nagel und wollte Ordenspriester werden. Ihn zog es ins Benediktinerkloster Kremsmünster, doch der Abt reagierte „sehr cool“, wie der heutige Priester erzählt – und gab ihm erstmal einige theologische Bücher und Exerzitien für den Alltag mit auf den Weg. Schließlich trat Hansl ins Priesterseminar in Wien ein.

 

Was macht einen zeitgemäßen Priester von heute aus? Welche Fähigkeiten muss er mitbringen? Laut dem heute 38-Jährigen sollte er vor allem eines: auf Menschen zugehen und ihnen das Gefühl geben, dass er für sie da ist, sie ernst nimmt und sich nicht im Pfarrhof versteckt. Für Hansl sei es oft ein Balanceakt, junge und ältere Menschen „ins Boot zu holen“ und sie für den Glauben zu begeistern. Doch dieser Herausforderung stelle er sich gern. Ebenso wie jener, in acht Gemeinden als Pfarrer tätig zu sein. Natürlich könne er nicht zeitgleich an allen Orten agieren, weshalb er sich hier auf Hilfspfarrer und Ehrenamtliche verlässt, welche ihn bei der Seelsorge vor Ort unermüdlich unterstützen.

 

Einer von ihnen

Vieles, was in der Großstadt nicht mehr möglich ist, werde am Land nach wie vor gelebt, sagt Hansl. Hier gebe es noch so etwas wie eine Volkskirche mit Traditionen, die sowohl im Ort als auch im Leben der Menschen eine große Rolle spiele. Das sei etwa bei der jährlichen Fronleichnamsprozession zu beobachten. Zudem bringt sich Richard Hansl aktiv in den Gemeinden ein: „Ich wurde als Feuerwehrkurat bestellt und habe zusätzlich noch das Zillenabzeichen (ein „Wasserwehrleistungsabzeichen“, Anm.) gemacht“, erzählt der Wahl-Weinviertler stolz, wodurch er viel Akzeptanz in der Bevölkerung erfahre: „Ich bin damit einer von ihnen.“

 

Ja, er würde heute wieder Pfarrer werden, ist Hansl überzeugt und nimmt einen Schluck des Espresso, bevor er die Tasse locker auf dem Teller balanciert. Sein Umweg vor seiner Berufungsfindung war für ihn eine wichtige Erfahrung, für die er Gott dankbar ist. „Ich habe in dieser Zeit viel gelernt, worauf ich nicht verzichten möchte.“

 

 

 

Von Christopher Erben

 


 

Richard Hansl

ist seit dem Jahr 2023 Pfarrer des Pfarrverbandes Weinland Nord, der die Gemeinden Drasenhofen, Falkenstein, Herrnbaumgarten, Kleinschweinbarth, Ottenthal, Poysbrunn, Schrattenberg und Stützenhofen umfasst. Der gebürtige Oberösterreicher aus Altmünster arbeitete neben seinem WU-Studium im Bundeskanzleramt, beim Bauernbund und in der ÖVP, bevor er sich für die Priesterlaufbahn entschied.

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