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Portraits | Zeugnisse

Das tun, was zu tun ist

 

Sie war Familienhelferin und Pfarrhaushälterin und ist nun Pfarrgemeinderätin sowie Betreuerin ihrer bald 92-jährigen Mutter: Maria Gedl hilft, wo sie gebraucht wird.

 

Laut Wörterbuch sind „Gute Seelen“ hilfsbereite und liebenswerte Menschen, die selbstlos Arbeiten übernehmen oder zum zwischenmenschlichen Zusammenhalt beitragen. Energisch schüttelt Maria Gedl den Kopf. Als „gute Seele“ würde sie sich selbst nicht bezeichnen. „Man tut einfach, was zu tun ist“, sagt sie dazu. Gedl sitzt auf der gepolsterten Eckbank in ihrem mit Handarbeiten geschmückten Wohnzimmer in der Marktgemeinde Hafnerbach bei St. Pölten.

Hier wurde Maria Gedl 1960 geboren, als erstes von vier Kindern. Und hierhin ist sie als Pensionistin zurückgekehrt. Dazwischen war sie Küchengehilfin im bischöflichen Seminar Melk, Familienhelferin sowie deren Einsatzleiterin bei der Caritas der Diözese St. Pölten, Pfarrsekretärin und Pfarrhaushälterin – Letzteres für 25 Jahre in der Pfarre in Purgstall an der Erlauf.

 

Eine Pfarrhoffamilie

Neben dem Pfarrer wohnten im Pfarrhof auch eine Pastoralassistentin sowie jeweils für drei Jahre ein indischer Kaplan, der zur Ausbildung in der Pfarre war. „Das waren meine schönsten Jahre“, schwärmt Gedl und erzählt von der „Pfarrhoffamilie“, vom gemeinsamen Fußball-WM-Schauen bei Bier und Chips und davon, dass der Pfarrhof vormittags immer für alle offen gewesen sei.

 

Als Pfarrhaushälterin putzte, kochte und dekorierte sie, erstellte Putz- und andere Pläne und versorgte die Handwerker und freiwilligen Helfer auf den diversen Baustellen der Pfarre. Daneben schrieb sie 21 Jahre lang die Pfarrchronik, wirkte im Sozialkreis und beim Besuchsdienst und erledigte die Buchhaltung in Zusammenarbeit mit einem Pfarrkirchenrat. Kraft für ihre Arbeit gebe ihr bis heute das Gebet sowie die Liebe zur Kirche. Eine Zeiterfassung habe sie nie erstellt. Und die Bezahlung? „Für mich war es genug.“

 

Zurück zu den Wurzeln

Mit 57 Jahren wurde Maria Gedl Sauerstoffpatientin. „Das kam so abrupt, da hat es mir fast das Herz zerrissen“, sagt sie dazu. Der alte und renovierungsbedürftige Pfarrhof hatte Probleme mit Feuchtigkeit und Schimmel und ihre Lunge reagierte darauf mit einer allergischen Reaktion. Ein kleiner Rucksack mit Sauerstoff ist nun ihr täglicher Begleiter, nur beim Sitzen und fürs Foto legt sie ihn ab. Gedl beantragte die Berufsunfähigkeitspension. Als für all ihre Aufgaben geeignete Nachfolgerinnen gefunden waren, zog sie zurück in ihr Elternhaus nach Hafnerbach.

 

Neben Renovierungsarbeiten im Elternhaus fand sie in der Pfarre innerhalb kurzer Zeit neue Aufgaben: Die Pfarrgemeinderätin ist eine von mehreren Frauen, die die Kirche mit Blumen schmücken, sie schreibt die Pfarrchronik sowie die Glückwünsche zu runden Geburtstagen und organisiert die Geburtstagsbesuche in der Pfarrei. „Das ist viel Arbeit, aber es sind wunderschöne Dienste. Ich habe das Gefühl, ich bin jetzt voll integriert und gut wieder daheim angekommen“, lächelt sie.

 

An Bergwanderungen oder weite Reisen ist aufgrund ihrer Lungenfibrose nicht mehr zu denken. Auch die Betreuung der Mutter Frieda nimmt Zeit in Anspruch. „Abends beten wir gemeinsam den Rosenkranz und spielen mehrere Runden das Brettspiel Rummikub. Meist habe ich um 21.00 Uhr Feierabend.“ Doch grundsätzlich sei sie zufrieden mit ihrem Leben und weine dem, was nicht mehr geht, nicht nach. „Ich hätte nichts anders machen wollen.“

 

 

Von Ines Schaberger

 


 

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