Das Burgenland, Indien und alles dazwischen
Kruzifix, Ketzerei und Kreuzigung – die Geschichte der katholischen Kirche bietet viel Stoff für Krimis. Martin Leitner ließ sich von seiner Pfarre in Mönchhof im Burgenland inspirieren und verfasste darüber mittlerweile mehrere „Bauernstückln“.
Mit 24 Jahren entdeckte Martin Leitner beim Beichten im Zuge einer Međugorje-Reise seine Berufung „… und das nicht unbedingt aus eigenem Antrieb – ich habe mich nur angestellt, weil sich alle aus der Gruppe angestellt haben“, erläutert der 60-Jährige. Vor allem der Satz „Jesus liebt dich“ habe bei jener Beichte etwas in ihm ausgelöst. „Das klingt jetzt alles total flach und billig, aber ich habe gewusst, es muss noch mehr für mein Leben geben“, erzählt er von der Reise. 1997 beendete Martin Leitner das Studium der Fachtheologie an der Hochschule Heiligenkreuz. Ein Jahr später wurde er zum Priester geweiht. Seit 2016 ist er Direktor des Priesterseminars Leopoldinum Heiligenkreuz und blickt auf ein ereignisreiches Berufsleben zurück: Nach der Matura 1981 begann Martin Leitner Nachrichtentechnik an der Technischen Universität Wien zu studieren.
„Leider habe ich das Studium nicht beendet, weil ein Angebot von den Vereinten Nationen kam“, erzählt er. Und so wurde aus dem Studenten ein Konferenztechniker der UN, der nebenbei Computerprogramme für Wiener Kleinunternehmen schrieb. In burgenländischen Mönchhof fand der gebürtige Wiener seine Heimat und sein Glück. „Sobald ich die Gartentüre aufsperre, merke ich, wie ich ruhiger werde und alles von mir abfällt“, schwärmt er. In diesem Garten wurde auch schon der eine oder andere Krimi vollendet – wenn es ihm anfänglich auch schwerfiel, die Buch-Projekte stringent zu Ende zu führen. Mit seinen inzwischen fünf Krimis will Leitner Mitarbeiter und Begebenheiten aus dem Pfarrleben porträtieren: „Den Mesner, die Sekretärin und alle anderen wollte ich auf diese Art verewigen und ihnen für ihre Arbeit danken“, erklärt er. Bis auf Mord und Totschlag sind die Texte also im realen Leben verwurzelt.
Inspiration in und aus Indien
Mehrere Reisen nach Indien weiteten Leitners Horizont und ließen ihn über seine Heimat nachdenken. In Europa würden sich oft auch Priester vor allem um sich selber drehen. In Indien beobachtete er, wie zehnköpfige Familien von einem Gehalt leben mussten und es ihnen gleichzeitig an nichts fehlte – Situationen, die in Österreich unvorstellbar seien, so Leitner. „Diese Gewissenhaftigkeit und Einfachheit, mit der die Menschen dort arbeiten, hat mich in jeder Hinsicht beeindruckt“, stellt der Seminardirektor fest. „Ich habe großen Respekt vor Menschen aus anderen Kulturen, die bei uns so schnell Fuß fassen. Ich weiß nicht, ob ich das umgekehrt so schnell schaffen könnte.“
Österreichern scheine es allgemein schwieriger, von anderen Kulturen zu lernen. „Priester aus anderen Ländern werden bei uns in Inkulturationskurse geschickt, um unsere Abläufe kennenzulernen“, was einerseits zur Eingliederung nötig sei, andererseits werde damit verhindert, neue Facetten des großen Glaubensschatzes und der Tradition weitergeben zu können. „Das ist ein Schatz, den wir zum Teil im Acker vergraben, anstatt ihn zu hegen und ihm mit Enthusiasmus und Glauben begegnen“ – und das, ohne den eigenen Schatz der Kultur zu untergraben.
Von Rainer Manzenreiter
Martin Leitner
wurde im Mai 1963 in Wien-Leopoldstadt geboren. Nach beruflichen Erfolgen als Konferenztechniker der Vereinten Nationen und Programmierer für mehrere Wiener Klein- und Mittelbetriebe wurde er 1998 zum Priester geweiht. Seit 2016 ist er Direktor seines einstigen Studienortes, des Leopoldinums Heiligenkreuz.