Out Of The Dark
Zwischen Exzess, Selbstinszenierung und Verletzlichkeit: Im Musical „Rock Me Amadeus“ wird im Wiener Ronacher-Theater seit Oktober die Geschichte der Kultfigur Falco erzählt. Die Hauptrolle spielt der 23-jährige Newcomer Moritz Mausser. Ein miteinander-Gespräch über die Licht- und Schattenseiten des Ruhms.
Sie stehen seit Ihrem neunten Lebensjahr auf der Bühne. Wie kam es dazu?
Mein Bezug zur Kultur war immer schon groß, auch wenn ich aus keiner Künstlerfamilie stamme. Gemeinsam mit meiner Schwester habe ich mit neun Jahren angefangen Theater zu spielen. Wir schrieben 10-Minuten-Stücke und untermalten sie mit Musik. Zu dieser Zeit habe ich noch nicht gecheckt was ein Musical ist. Gefördert hat mich vor allem meine Mutter. Sie war es auch, die mir früh vermittelt hat, wie wichtig Empathie ist und sich in andere einzufühlen, denn: Jeder ist anders und das macht uns aus. Dass ich nun Darsteller bin, ist für mich Berufung.
Wie kam es zum Falco-Engagement?
Zu Beginn gab es einen Workshop, in dem Szenen probiert wurden. Für diese „Tests“ übernahm ich anfangs die Rolle. Es folgten viel Arbeit, wenig Schlaf und 110 Prozent Einsatz, denn ich wollte Falco so gut wie mir möglich darstellen. Dann kamen ein zweiter Workshop und die Vorsprechen. Einem jungen Studenten diese Rolle anzuvertrauen, war vom Theater mutig – und dafür bin ich dankbar.
Sie werden für Ihre Rolle gefeiert. Welche Entbehrungen bringt der Ruhm mit sich?
Wenn man getrieben ist, bekommt das Umfeld einen nicht zu greifen. Das merke ich an Falco und mir. Zwischen Proben, Auftritten und Medienarbeit gibt es wenig Zeit, etwa Freunde zu sehen. Es gibt wenig Zeit Beziehungen zu pflegen. Meine Freundin etwa studiert untertags, wenn ich frei habe, und abends wiederum trete ich auf. Zurzeit zerren viele Energien an mir. Dadurch kann ich verstehen, warum Menschen unter dem Druck zerbrechen. Bei Falco wird dies teils mit der Flucht in Arroganz und Narzissmus kompensiert. Ich versuche, Probleme nicht mit einer Veränderung der Persönlichkeit zu kaschieren, sondern jene Beziehungen zu pflegen, die erden.
Falco war bekannt für Party, Drogen und Exzess: Trifft das auch auf Sie zu?
Ich versuche zwar, im Moment zu leben, aber ohne dabei vor der Angst vor der Zukunft davonzulaufen. Ja, ich feiere gern, aber vor einer Show kontrolliere ich mich. Feiern und Exzess sind wie Licht und Schatten: Licht ist, wenn man daran Spaß hat, Schatten, wenn man es aus Funktion tut.
Gab es die Gefahr, dass Sie die Rolle Falcos übermannt?
Ich tauche nie so weit ein, dass ich nicht mehr zurück kann, und arbeite nie ohne „Netz“. Dafür gibt es Mittel, die den Ein- und Ausstieg erleichtern. Bei Falco etwa war mir klar: Der Typ riecht gut. Daher parfümiere ich mich vor jedem Auftritt ein wenig mehr als sonst ein – und trage die Rolle auf. Direkt nach der Show gehe ich dann im Theater duschen, um die Rolle wieder „abzuwaschen“. Gerade bei Falco, der viel Schmerz in sich trägt, essenziell. Das Musical entlässt das Publikum und mich zudem mit einem versöhnlichen Ende, auch das hilft.
Was sind die positiven Seiten Ihres Erfolgs?
Ich fühle, das, was ich mache, ist genau das, was ich machen muss – es ist ein Teil von mir, Berufung. Neben den Entbehrungen sehe ich das Licht. Dazu zählen finanzielle Unabhängigkeit oder mein Umzug in eine neue Wohnung.
Wer inspiriert Sie?
Als Kind wurde ich etwa von Darstellern wie Gernot Kranner oder Thomas Borchert geprägt. Zudem war ich rund 20 Mal auf Restplätzen bei „Tanz der Vampire“ und das erste Mal bewusst im Musical – das hat mich geplättet. Drew Sarich war beeindruckend und stundenlanges Anstellen, um die besten Plätze zu ergattern, normal. Durch diese Erfahrung schätze ich es heute, wenn Menschen nach der Show auf die Künstler warten.
Höhen und Tiefen prägten Falco. In welchen Situationen erkennen Sie sich wieder?
In den Anfängen. Als Hans mit Falco und „Ganz Wien“ oder „Der Kommissar“ startete, war er etwa so alt wie ich und hat in der Pop-Welt einen ähnlich rasanten Aufstieg gemacht, wie ich es nun als Darsteller erleben darf. Dadurch verstehe ich den Druck. Als Künstler getrieben zu sein, ist etwas, in dem ich mich erkenne. Zudem bin auch ich sehr perfektionistisch. Das Musical handelt vom Menschen hinter Falco und dem Publikum möchte ich sagen: Kommt für Falco, bleibt für Hans.
Inwiefern beeinflusst Ihr Privatleben Ihre Darstellung?
Zwei meiner Großeltern starben letztes Jahr. Da kam die Erkenntnis: Heftig, dass wir alle sterben. Erfahrungen wie diese beeinflussen mein Spiel, denn ich nutze diese Gefühle, um sie in etwas Positiv-Produktives zu wandeln. Ich bin auf der Bühne nie privat, aber aus der eigenen, emotionalen Biografie zu schöpfen, ist normal.
Von Lukas Cioni
Moritz Mausser
ist gebürtiger Wiener und aufgewachsen in Baden. Mit neun Jahren entdeckte er die Leidenschaft für Gesang und Schauspiel und studiert seit 2020 an der Musik- und Kunst-Privatuniversität Wien. Seit Oktober 2023 verkörpert er die Hauptrolle im Falco-Musical „Rock Me Amadeus“ im Wiener Ronacher.