Lehrer und Hirte
Der 41-Jährige Josef Camus ist nicht nur Religionslehrer, sondern auch Landwirt – und das mit Begeisterung. Ein Portrait im martinus von Christopher Erben.
Eigentlich überlegte Josef Camus Mönch oder Priester zu werden; heute ist er Religionslehrer und betreibt mit seiner Frau eine kleine Landwirtschaft.
„Im Religionsunterricht können viele Themen behandelt werden“, freut sich Josef Camus. „Auch meine vielen Erfahrungen kann ich im Unterricht einbringen und meinen SchülerInnen näherbringen.“ Aber nicht nur das – auch andere Fächer werden gestreift. Erzähle er etwa von der Wanderung Abrahams im Alten Testament, dann fahre er mit dem Finger auf der Landkarte die Route nach. Altes Testament, Geografie und Geschichte – alle drei Fächer und Wissenschaften verbindet er im Unterricht miteinander. Jedes Jahr übt er mit den Jugendlichen auch das altgriechische und hebräische Alphabet. Josef Camus möchte ihnen auch andere Religionen näher bringen. Exkursionen zu Moscheen oder Synagogen gehören daher für ihn, wenn möglich, zum Unterricht.
Mönch, Priester oder Religionslehrer?
Josef Camus ist 41 Jahre alt, verheiratet und Vater zweier Kinder. Während des Präsenzdienstes beim Bundesheer und zu Beginn des Theologiestudiums überlegte er Mönch oder Priester zu werden. So trat Josef Camus zunächst in das Wiener Priesterseminar ein und verbrachte ein Studienjahr in Rom. Dort sowie später auch in Wien absolvierte er ein Pfarrpraktikum, um sich dabei auf die Priesterlaufbahn vorzubereiten. Doch letzten Endes war die Sehnsucht nach einer Familie größer, erzählt Josef Camus. Im Jahr 2009 begann er katholische Religion zu unterrichten; seit 2015 am BRG Oberpullendorf.
Bei seinen SchülerInnen versucht er eine Basis an religiösem Wissen zu legen – vor allem in der Unterstufe. Gewisse Gebete müssen daher bei ihm gekonnt werden, erzählt Camus. Das Kirchenjahr ist ein wichtiger Leitfaden für seinen Unterricht. Das habe ihn selbst im Ministranten-Unterricht seiner Kindheit sehr geprägt.
Religion ist für viele SchülerInnen ein Nebenfach und daher wird es auch als solches wahrgenommen. Früher waren die Teilnehmerzahlen am Religionsunterricht höher, erinnert er sich. „Aber je mehr ich von den SchülerInnen verlange, desto mehr melden sich ab.“ Auch seien viele durch die Zentralmatura unter zusätzlichem Druck. Sie arbeiten davor oft an ihren Grenzen. Viele würden sich wohl deshalb vom Religionsunterricht abmelden, bedauert er. Es bleiben oft nur diejenigen, denen der Unterricht wirklich ein Bedürfnis ist.
In der Mitte statt am Rand
Für Josef Camus soll der Unterricht interessant und abwechslungsreich sein. So zum Beispiel lässt er seine SchülerInnen einen Film mit dem Handy drehen, bei dem sie biblische Szenen nachstellen. An den tageszeitlichen Rand gedrängt fühle er sich mit dem Fach in der Schule nicht, erzählt Josef Camus. Die Situation am Gymnasium in Oberpullendorf sei gut. Auch lobt er das Verhältnis zur Direktion. Dort werde das Engagement der fünf Religionslehrer geschätzt. Das führe er auch auf deren Einsatz für die Schuljahreröffnungs und -abschlussfeiern zurück, die von SchülerInnen sowie LehrerInnen gemeinsam gestaltet werden. Josef Camus übernimmt auch die Organisation des Adventmarkts in der Schule, für den viel gebastelt und gebacken wird. Die Einnahmen daraus kommen sozialen Organisationen zugute, erzählt er.
Lehrer und Landwirt
Heute ist Josef Camus aber nicht nur Religionslehrer aus Leidenschaft: Gemeinsam mit seiner Frau betreibt er eine kleine Landwirtschaft in Gerasdorf in Steinfeld in Niederösterreich, wo ab Herbst auch eine Montessori-Einrichtung entstehen soll. Diese bedeute ihm sehr viel. Ziegen, Schafe, Hühner, Laufenten und Kaninchen leben bei ihnen am Hof. Auch baut er hier Obst und Gemüse an. „Ja, ich versuche heute alles unter einen Hut zu bringen“, so der Pädagoge voller Tatendrang.
Quelle: martinus, Christopher Erben
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martinus, Kirchenzeitung der Diözese Eisenstadt