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Aus der Diözese Gurk

Sehnsucht nach Freundschaft

 

 

Priester brauchen Freundschaften – nicht nur jene mit Jesus, sondern auch ganz diesseitige Freunde, die sie begleiten, stützen, korrigieren, stärken

 

Im Krankenhaus besuchte ich einmal einen älteren Mitbruder nach seiner schweren Operation. Als ich mich von ihm verabschieden wollte, hielt er mich mit seiner Hand zurück und fragte mich nach verhaltenem Schweigen: „Hast du einen guten Freund?“ Ich konnte ihm antworten, dass ich einen sehr treuen Priesterfreund habe. Da rollten ihm dicke Tränen über seine Wangen und er sagte mit unterdrückter Stimme: „Dann bist du gesegnet.“ Sooft ich sein Grab besuche, denke ich an diese Begegnung.

 

 

Einander Freunde sein

Als ich bei Priesterexerzitien über Freundschaft unter Priestern sprach, drängten mich die Teilnehmer, dass ich dieses Thema auch in der abschließenden Abendmeditation weiter ansprechen solle. Die persönlichen Zeugnisse einiger Priester waren eine stille, aber deutliche Klage über die Einsamkeit unter den Mitbrüdern, ein Sehnsuchtsruf nach tiefer menschlicher Beziehung, nach treuer Freundschaft und Vertrauen im Austausch spiritueller, religiöser und pastoraler Erfahrungen.

 

 

Einer artikulierte sein tiefes Unbehagen: „Wir predigen anderen von Liebe und können oder wollen einander nicht einmal wahre Freunde sein.“ Es war ein Abend mit großer Betroffenheit und mit beklommenem Schweigen beschlossen wir das Programm, aber auch der nächste Tag war geprägt von diesem Thema.

 

 

Wie wichtig das Zeugnis der Freundschaft unter Priestern ist, klagte mir auch eine Priestermutter, die das Vertrauen vieler Priester genoss und somit auch viele Priesterbiografien kannte: „Wenn die Priester mehr echte Freundschaften unter sich pflegten und einander weniger kritisierten, bräuchten sie nicht so viel über Liebe predigen, sondern würden sie eher konkret vorleben.“

 

 

Durchwühlte Seele

Als Jugendkaplan organisierte ich eine Bergtour. Die Jugendlichen stürmten mit schnellen Schritten den Bergrücken hinauf. Ich konnte ihren eilenden Füßen natürlich nicht folgen. Ein älterer Junge wurde sich dessen bewusst und schritt unauffällig hinter mir, manchmal neben mir. Ich bemerkte dies und war von seiner sensiblen Rücksicht und Achtsamkeit innerlich sehr berührt. Selbst vor dem Gipfel blieb er hinter mir und gab mir den Vortritt. Ich war gerührt und bewahrte dieses Erlebnis lange in meinem Herzen.Als dieser junge Mann nach Jahren Priester wurde, habe ich mich für seine so sensible freundschaftliche Geste vor vielen Jahren bedankt.

 

 

 

Die Kärntner Dichterin Christine Lavant klagt in ihrem Nichtverstandensein und in ihrer inneren Einsamkeit: „Ich brauche einen Menschen, bis ich Gott gefunden habe.“ Die Freundschaft mit jemandem, mit dem sie über die aufgebrochenen Schollen des Herzens, über die durchbohrte Hoffnung und über die verbrannte Erde ihrer Seele schweigen könnte, war ihr mit ihrer oft durchwühlten Seele so wichtig. Genau wie sie finden auch viele andere Menschen keine wahren Freunde und deshalb ist ihnen auch die Erfahrung des freundschaftlichen Gottes so fern.

 

 

Entscheidung für Nachfolge

Jede priesterliche Freundschaft hat ihren festen und tiefsten Anker in der Freundschaft mit Jesus. Jesus hat seine Apostel Freunde genannt, weil er sich ihnen ganz geoffenbart hat. Simone Weil, die französische Mystikerin, nennt die Freundschaft das Sakrament der Gottesbegegnung und der intimen Glaubenserfahrung: „Wie die Reben nicht ohne Weinstock gedeihen können, so bleibt auch der Weinstock ohne Reben unfruchtbar.“

 

 

 

Vor vielen Jahren nahm ich in Rom an einem Kurs „Für eine bessere Welt“ teil und hatte das Glück, P. Riccardo Lombardi SJ noch persönlich zu erleben. Bei seinen Meditationen hat er den Namen Jesu mit solcher Ergriffenheit ausgesprochen, dass ich tief im Herzen empfunden habe, dass nur ein wahrer Freund so von seinem Freund Jesus reden kann. Jesus nennt seine Apostel Freunde, wenn sie das tun, was er ihnen aufträgt. Jesus fordert eine klare Entscheidung für seine Nachfolge.

 

 

Geistlicher Dialog

Wenn Freundschaften neben der geschenkten Empathie vor allem vom geistlichen Dialog leben, haben sie einen festen Anker und können den Stürmen des Lebens oder auch der Dürre der Seele trotzen. Der Gedanke an den Freund soll immer auch ein Gebet sein, zumindest sehr oft, denn im Gebet oder auch im Schweigen sind wir uns oft näher als durch bemühte Worte. In Dankbarkeit denke ich an einen priesterlichen Freund, der vom Krebs gezeichnet und völlig geschwächt in der Sterbestunde auf das Kreuz geblickt und gefleht hat: „Komm Jesus, komm!“ So möchte auch ich mich Jesus entgegensehnen, aber zugleich wäre ich sehr getröstet und begleitet, wenn auch mein treuester Freund an meiner Seite stünde.

 

 

Gerade in der Coronakrise war und ist immer wieder zu hören, wie sehr sich Kinder und Jugendliche nach Freunden sehen. Aber auch ältere Menschen brauchen Freunde, damit sie in der Einsamkeit nicht geistig erstarren oder seelisch frieren müssen. Auch ich habe mich in diesen Wochen sehr nach der Begegnung mit Freunden gesehnt und habe sie auch oft angerufen oder ihnen geschrieben. Die Sehnsucht nach Freunden hat auch meine Sehnsucht nach dem Freund Jesus beflügelt. Wenn ich die glücklichsten Stunden meines Lebens aufzählen soll, immer wird die Erinnerung an treue Freunde damit verbunden sein.

 

 

 


Josef Kopeinig ist Priester der Diözese Gurk-Klagenfurt und u. a. seit über einem halben Jahrhundert Rektor des Kärntner Bildungshauses Sodalitas.

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