Gebetstag um geistliche Berufe

Berufung ist immer Erwählung. Natürlich braucht es auch die persönliche und errungene Entscheidung, Begeisterung und Bereitschaft. Erwählung ist keine Abarbeitung von Berufskriterien, keine Online-Maschinerie, kein digitaler Vorgang. Erwählung hat mit Offenheit, Unsicherheit, Faszination, mit Freundschaft und echter Begegnung zu tun. „Ich nenne euch nicht Knechte, sondern meine Freunde.“ Der Knecht hat zu funktionieren und zu gehorchen. Lange hat es den Kadavergehorsam auch in der Kirche gegeben, Nonnen und Mönche, Ordensbrüder und -schwestern, Priester hatten zu gehorchen und zu funktionieren. Auch dafür wurden wir gestraft. Der Evangelist Johannes lässt Jesus sagen: „Ich nenne euch nicht mehr Knechte, sondern Freunde, denn der Knecht weiß nicht, was sein Herr tut.“ Erwählung und Berufung heißt: von Gott eine Ahnung haben, Gott beim Wort nehmen. Und es braucht die Frauen und Männer, die seinen Anspruch und die Erwählung Gottes entschlüsseln. Daran fehlt es. Menschen, die anderen sagen: Du wirst von ihm gebraucht, du bist erwählt! Der hl. Bonifatius war ein Erwählter, ein heiliger Unruhestifter, ein Mönch, der Klöster gegründet, Bistümer wie Regensburg, Passau, Salzburg und Freising reorganisiert und weitere Bistümer geschaffen hat. Seine Freundschaft mit Gott hat Gestalt angenommen und ist konkret geworden. Er war nicht zimperlich, kein Mitglied frommer Erweckungsgruppen, kein frommer Schwätzer, er hat Hand angelegt und hat seiner Freundschaft mit Christus Konturen gegeben. Wahrscheinlich wurde er dafür erschlagen, aber sein Werk ist geblieben. Über all dem steht geschrieben: „Ich habe euch erwählt, dass ihr euch aufmacht!“

Gebet

Ich war zu feig, Deinen Namen zu nennen,
zu bequem, um auf Dich zu setzen,
zu selbstsicher, um mich auf Deine
Freundschaft einzulassen.
Und doch hast Du mich erwählt.
Herr, schenke mir Mut und Freude,
an Dir, an mir und an dieser Welt zu
arbeiten.
Amen.

Pater Karl Schauer OSB